“Meine” Großregion 2030: Ansichten, Hoffnungen, Realitäten

Eine Veranstaltung der Green European Foundation mit Unterstützung der Gréng Stëftung Lëtzebuerg, gefördert mit Geldern des Europäischen Parlamentes

Luxemburg, den 17. Juni 2010

TeilnehmerInnen: Zu dem Rundgespräch hatte die Gréng Stëftung Lëtzebuerg fünf Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft eingeladen, deren berufsspezifische Blickwinkel auf die Großregion einen facettenreichen Einstieg in die Konferenzreihe garantieren sollen.

  • Simone Peter, Saarländische Ministerin für Umwelt, Verkehr und Energie
  • Jacques Santer, EU-Kommissonspräsident und Luxemburger Premier a.D., Vorsitzender der Kommission Vision 2020 Großregion
  • Christophe Langenbrink, Redakteur für die Großregion im Luxemburger Wort
  • Frédérique Gueth, Managerin 1,2,3 GO für die Großregion
  • Jean-Claude Reding, Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes OGB-L
  • Begrüβung: Daniela Graf, Vorstandsmitglied Green European Foundation

Moderation: Robert Garcia, Vorsitzender Gréng Stëftung

Eine vollständige Transkription der Gesprächsrunde können Sie hier nachlesen: Meine Region

- ZUSAMMENFASSUNG -

Die Kernaussagen

1. „Träumen von der Großregion im Jahr 2030“
Der ehemalige EU-Kommissionspräsident, Luxemburger Premierminister und Vorsitzende der Kommission „Vision 2020 Großregion“ Jacques Santer vermisst heute vor allem eine „Begeisterung unter den Menschen für die Großregion“, weshalb er sich bis 2030 einen Mentalitätswandel wünscht, „für den wir jetzt die Weichen stellen müssen.“

Die saarländische Ministerin für Umwelt, Verkehr und Energie Simone Peter nimmt die zahlreichen Projekte für die Großregion als Einzelprozesse wahr: „Was fehlt, ist die Vernetzung und auch die Umsetzung der Ideen.“ Ihre Zukunftsvision ist eine Nachhaltigkeitsregion, die aus der Umwandlung bestehender gemeinsamer Strukturen in Stahlindustrie und Energiewirtschaft entstehen könne. Schließlich gebe es „große grenzüberschreitende Flächen, beispielsweise Industriebrachen, die in ‚Erneuerbare-Energien-Regionen’ umgewandelt werden können.

Der Vorsitzende der luxemburgischen Gewerkschaft OGB-L, Jean-Claude Reding, hofft,  „dass wir bis 2030 endlich verstehen, dass die wirtschaftliche Zukunft nicht in der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Teile dieser Region besteht, sondern in der Kooperation der Gesamtregion und dass wir eine gemeinsame Industrie- und Wirtschaftspolitik brauchen. Diese ist möglich, wenn wir uns gegenüber allen Menschen in der Region in gleichem Maße verantwortlich fühlen.

Frédérique Gueth von „1,2,3 Go“, einem interregionalen Netzwerk von Experten, die Unternehmensgründer in der Großregion unterstützen, bedauert, dass es immer noch schwierig ist, ein wahrhaft großregionales Unternehmen zu gründen. Es sei noch viel Arbeit nötig, um „die Augen und die Köpfe der Menschen dafür zu öffnen.“1,2,3 Go sei ein gutes Beispiel eines realen und nicht rein virtuellen Netzwerks. Für 2030 wünscht Gueth sich daher, dass es sich weiterentwickelt und die Großregion aus den Kontakten zwischen Menschen besteht, die miteinander kommunizieren und arbeiten.

Christophe Langenbrink, Redakteur für die Großregion beim Luxemburger Wort hält eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich der Raumplanung, wo konkrete Infrastruktur- und Mobilitätsprojekte schnell ausgebaut werden können, für eine realistische Zukunftsvision der Großregion im Jahr 2030. Er gibt zu bedenken, dass „wir dann auch ganz konkret von Geldern sprechen müssen: Wer ist dazu bereit einen Teil seines wenigen Geldes dafür bereit zu stellen?

2. Governance
Die Rundtischteilnehmer gehen von der gemeinsamen Überzeugung aus, dass 2030 der Rahmen weiterhin ein Europa der Nationen und nicht der Regionen sein wird – es also kein direktes Großregionsparlament und keine handlungsfähige Großregionsregierung gibt. Ihre Vorstellungen davon, wie sich Politik in der Großregion angesichts dieser Konstellation dennoch verbindlich gestalten lässt, fallen weniger einheitlich aus.

Jacques Santer ist ein Verfechter der möglichst weitgehenden Institutionalisierung großregionaler Zusammenarbeit und zitiert in dem Zusammenhang Jean Monnet, der mit dem Satz „Rien n’est possible sans les hommes, rien n’est durable sans les institutions“ die Notwendigkeit stabiler Strukturen für die Umsetzung eines politischen Projekts treffend beschrieben habe. Santer sieht das hauptsächliche Hindernis für die Großregion in den unterschiedlichen Kooperationsräumen.

Simone Peter reicht Jaques Santers Vorschlag, Räte und Fachagenturen zu schaffen nicht, wenn deren Vorschläge am Ende dennoch unverbindlich blieben und nicht umgesetzt würden: „Die Kooperation bleibt im Diffusen, weil die Verantwortlichkeit nicht weiter runtergebrochen wird.“ Eine mögliche Lösung sieht Peter in einer stärkeren Einbindung der Bevölkerung, wenn also Verbindlichkeit durch mehr demokratischen Input geschaffen wird.

Christophe Langenbrink hält den Status quo – also jährliche Großregionsgipfel – prinzipiell für die richtige Methode. Sie habe sich in der Praxis aber als nicht zielführend herausgestellt, „weil sie wenig visionär und nicht selten sind sie von Partikularinteressen geprägt ist“.  Im Endeffekt favorisiert er die Idee der polyzentrischen Metropolenregion: „hier könnten konkrete Vernetzungen umgesetzt werden.“

Jean-Claude Reding ist überzeugt, dass auch ohne neue Strukturen, aber mit mehr politischen Willen viel für die Großregion getan werden kann und vertritt eine pragmatische Position: „Die Hemmnisse können über die Zusammenarbeit von Verwaltungen und der Ministerien gelöst werden. Sie können europäische Gesetzesparagraphen interpretatorisch dehnen und sich darauf einigen, wie die soziale Absicherung von jemandem organisiert werden soll, der in Luxemburg angemeldet ist und in einem deutschen Betrieb seine Ausbildung absolviert.

Frédérique Gueth sieht durch ihre Erfahrung bei 1,2,3 Go, „dass das Netzwerk nur großregionsorientiert arbeiten kann, weil wir in allen Teilen Vertretungen vor Ort haben und die Institutionen dort freiwillig mit uns zusammen arbeiten.“ Sowohl der Rechtsrahmen als auch die Ansprechpartner für Unternehmensgründer sind in den verschiedenen Teilen der Großregion sehr verschieden und „es ist nicht die Großregion, die sich an die Leute anpasst, sondern diese müssen sich umgekehrt jeweils an die lokalen Begebenheiten anpassen.“

Presse Echo:

Tageblatt-19_20-06-10

Luxemburger_Wort-22-06-10

journal-19_20-06-10

Dokument:

Zukunftsbild 2020 für den interregionalen Kooperationsraum Saarland, Lothringen, Luxemburg, Rheinland-Pfalz, Wallonische Region, Französische Gemeinschaft und Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens erstellt im Auftrag des saarländischen Vorsitzes des 7. Gipfels durch die politische Kommission “Zukunftsbild 2020″ unter Vorsitz von Jacques Santer

Vorlage an den 7. Gipfel, Saarbrücken, den 30. Juni 2003

ZUKUNFTSBILD_2020

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